Riesling-Weinernte in Wehlen, Mosel

...probieren...probieren...probieren...

SommeliereAnne Oberbillig:
Die Genussmanagerin

Anne Oberbillig hat ein feines Näschen. Nicht zuletzt deshalb hat die ehemalige Gebietsweinkönigin Mosel-Saar-Ruwer 2001 ihre berufliche Zukunft dem Wein verschrieben. Einer ihrer Schritte in eine erfolgreiche Zukunft: Die IHK-Prüfung zur Sommelière.

Die Frauen kommen! Früher noch eine Männerdomäne, ergreifen heute immer mehr Frauen den Sommelierberuf. Beispielsweise Paula Bosch (Tantris, München) oder Christina Fischer (bekannt aus dem KOCHDUELL) sind schon seit langem namhafte Aushängeschilder dieses Berufsstandes. Und auch in der Moselregion steht hier das Rad der Entwicklung nicht still.

Sie ist 25 Jahre alt und Studentin der Betriebswirtschaftslehre, aber die Weine von Mosel, Saar und Ruwer haben ihr bisheriges Leben geprägt. Anne Oberbillig stammt aus einer traditionsreichen Winzerfamilie in Triers Weinstadtteil Olewig und war schon früh eng mit dem Leben rund um den Wein vertraut und verbunden. Trotzdem schlug Sie zuerst den Weg zur Bankkauffrau ein.

„ Zuerst wollte ich einen „anständigen“ Beruf erlernen, ganz ohne die Mühen und den Stress des elterlichen Weingutes. Aber der Wein hat immer wieder meine Wege gekreuzt. Und dieser Faszination konnte ich mich einfach nicht entziehen. Schnell war klar, dass ich auch in Zukunft immer mit dem Rebensaft verbunden bleiben werde.“

Durch das Leben im elterlichen Weingut Deutschherrenhof war das Sammeln von Erfahrungen in dieser Weinwelt förmlich vorprogrammiert. Der langen Tradition der Olewiger Winzer verbunden, führte Ihr Weg in Sachen „Ehrenamt“ von der Weinprinzessin über die Trierer Weinkönigin zum Highlight dieser Karriere: 2001 wurde Anne Oberbillig Gebietsweinkönigin Mosel-Saar-Ruwer, „eine schöne, erlebnisreiche, aber auch anstrengende Zeit“, so die sympathische junge Frau, die von über 300 Terminen und Veranstaltungen in dieser Zeit zu berichten weiß.

Dieses hohe Amt führte Anne Oberbillig in viele Teile dieser Welt, die sie wohl sonst nicht hätte so erleben dürfe. So berichtet sie beispielsweise über eine Japanreise, die sie noch heute nachträglich beeindruckt. Und diese Reisen im „Auftrag des Weines“ schärften zusehends den Weinverstand und das Weinwissen der Anne Oberbillig. Warum aber dann die Ausbildung zur Sommelière?

„ Das war ein logischer Schritt, nachdem für mich klar war, dass ich dem Wein verbunden bleiben werde. Und im Rahmen dieser Ausbildung, die ich neben meinem Studium absolvierte, wurde schnell klar, das man keine 20 oder 30 Jahre Wein getrunken haben muss, um sich in diesem Metier auszukennen.“

Ausbildung zur Sommelière

Anders als im Olymp der Spitzenköche, zu dem weiterhin nur wenige Frauen aufsteigen, liegt der Anteil der Weinfachfrauen in Gastronomie und Handel inzwischen bei fast 40 Prozent, so Bernd Glauben, Präsident der Sommelier Union Deutschland e.V.

Der Grund: Frauen sind bei der Essen- und Weinkombination experimentierfreudiger, suchen eher den kulinarischen Kick. Nach dem Motto „erlaubt ist, was gefällt“, werfen sie auch schon mal Konventionen über Bord. Denn warum sollte man nicht auch einen Rotwein zum Fisch empfehlen, wenn er zu den Gewürzen passt?!

Spontanität ist bei der Weinberatung genauso gefragt, wie Phantasie und Kreativität. In der Deutschen Wein- und Sommelierschule Koblenz, die auch Anne Oberbillig besuchte, lernt man, Gerüche zu erkennen und Geschmack zu beschreiben. Denn die Aromenvielfalt der Weine ist nahezu unerschöpflich. Wein durch Worte und Farben zum ganzheitlichen sinnlichen Erlebnis zu machen und dadurch den passenden Tropfen für jeden Gast zu finden, ist die große Kunst der Weinfachleute. Aber zum Grundwissen gehört ebenfalls das Erstellen von Speisenkarten, Absprachen über Menüfolgen mit dem Küchenchef und vieles anderes mehr.

Neben sensorischen und weinkundlichen Feinheiten werden in der Ausbildung auch kaufmännische Grundlagen und rhetorische Fähigkeiten vermittelt. Organisationstalent und Menschenkenntnis sind weitere Stärken einer erfolgreichen Sommelière. Wenn sie sich ihren Gästen widmet, sollte die Weinfachfrau genau wissen, wer welches Menü mit welchen Zutaten geordert hat, eine wichtige Information, um ihren Job zu machen. Sie ist sozusagen eine Genussmanagerin für Getränke. Sicher ist es eine der Hauptaufgaben, den Gast nicht mit den vielen Möglichkeiten, Regeln und Empfehlungen zum Thema Speisen und Wein zu verwirren, sondern mit Rat und Tat erfolgreich zur Seite zu stehen. Viele andere Gesichtspunkte in diesem Berufsbild bleiben dem Gast ganz oder weitestgehend verborgen: Einkauf, Lagerhaltung und Kontrolle des Bestandes, Förderung des Abverkaufs liegender Weine, Planung und Organisation von Festen, Events und Veranstaltungen. „Ein vielschichtiger Beruf, bei dem man nie auslernt.“

Dem Sprichwort „Wenn die Musik anfängt zu spielen, dann dreht sich der Tanzbär“ folgend, begleitet das Thema Wein Anne Oberbillig auch in Freizeit und Urlaub: „Sie können sich bestimmt vorstellen, das man als Sommelière den Urlaub nicht in Norwegen verbringt, sondern dann schon bestrebt ist, eine Weinregion aufzusuchen. Und hier gibt es ständig Neues und Wissenswertes zu erfahren.“

Weinwissen ist Pflicht

Im lockeren Gespräch bei einem Glas Riesling geht es „quer durch den Garten“. Und Anne Oberbillig weiß stets Antwort - ganz gleich ob es um die Probleme im Fassweingeschäft oder die Vorzüge der Direktvermarktung geht, warum Rotwein zur Zigarre passen kann, oder wie es sich mit der Kombination von regionalen Weinen und asiatischen Speisen verhält. Schnell wird klar, das hier Weinwissen in Situationen gefragt ist, in denen der „Wein-Amateur“ schlichtweg passen muss. Wer selbst einmal ein Gespräch mit einer geschulten Sommelière sucht, den sollte sein Weg einmal nach Trier führen. Anne Oberbillig ist, wie bereits erwähnt, im elterlichen Betrieb, dem Deutschherrenhof in Trier-Olewig zu „erleben“, so es ihr Studium zulässt: An Wochenenden auf der Terrasse oder in der Weinstube des Weingutes, anlässlich des Hoffestes oder beim Wein- und Gourmet-Festival.

Wie es mit der beruflichen Zukunft der Anne Oberbillig bestellt ist? Nun, da ist die junge Dame konsequent. Das Studium geht vor und danach wird man sehen, ob es Sie noch eine Weile im elterlichen Betrieb hält oder eine der vielen anderen Weinregionen auf diesem Globus für sie das berufliche Vorankommen bestimmen wird. „Die Welt des Weines ist groß,“ lächelt Sie über den Rand ihres Weinglases hinweg, „wer weiß, wo es mich noch hinführen wird?“

Jetzt schon klar ist, das Sie in nächster Zeit ihr fachliches Wissen bei einem Weinimporteur in London erweitern wird. Anschließend geht es für ein Jahr zum Studium nach Bordeaux. Und ihr Tipp, auch an Neulinge in Sachen Wein, wie man sich mit der unglaublichen Vielfalt des Weins zurecht finden soll, ist überzeugend einfach:
„ probieren, probieren, probieren....“